Immobilien, Erbfolge, Anfechtung als Pflichtteilsberechtigter, Freibetrag und Co. - Die Tücken des Testaments
Es kann schwierig werden, wenn der letzte Wille nicht niedergeschrieben ist und somit die gesetzliche Erbfolge gilt. Dies betrifft insbesondere Ehepaare. Ein bestimmtes Modell kann hier Abhilfe schaffen, doch worauf sollte man achten?
Laut der Umweltorganisation BUND ist es ratsam, das Erbe vertraglich zu regeln. Hierin sieht die Organisation auch eine Möglichkeit, Gelder zu sammeln. Eine Referentin gibt Tipps, wie die Öko-Organisation in einen Erbvertrag integriert werden kann und gibt zudem Ratschläge bezüglich der Freibeträge. Diese richten sich nach dem Verwandtschaftsgrad, so erhalten Eheleute und eingetragene Lebenspartner einen Freibetrag von 500.000 Euro, während Kinder einen Freibetrag von 400.000 Euro und Enkelkinder 200.000 Euro bekommen. Auch ein Hinweis auf eine mögliche Spende an den BUND wird gegeben: "Der BUND ist von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit." Es gibt jedoch noch weitere Aspekte zu beachten, wenn es um Erbschaften geht.
Erblasser, Erbfolge und Testament
Um zu entscheiden, ob es sinnvoll ist, das Erbe vertraglich zu regeln, sollte man die gesetzliche Erbfolge kennen. Wenn Ehepartner keine andere Vereinbarung getroffen haben, gehen sie bei Eheschließung eine Zugewinngemeinschaft ein. Bei dieser erhält der überlebende Ehepartner die Hälfte des Nachlasses des Verstorbenen, die Kinder erster Ordnung erben die andere Hälfte. Mit einem sogenannten Berliner Testament können sich die Eltern jedoch jeweils zu Alleinerben machen, sodass der Überlebende im gemeinsamen Haus bleiben kann, ohne dass er von Verwandten zum Verkauf gedrängt wird. Oft wird auch bestimmt, dass die Kinder nach dem Tod beider Eltern alles erben. "Damit sind die Verhältnisse klar", erklärt der Anwalt Georg Maubach aus Köln. "Für klassische Familien mit einem Eigenheim ist das Berliner Testament oft die beste Option."
Ziele eines Testaments
Das Papier hat das Ziel, das Vermögen laut dem Willen des Erblassers anders aufzuteilen, als im Gesetz vorgeschrieben ist. Den Nachkommen kann aber der jeweilige Pflichtanteil nicht weggenommen werden, außer in extremen Ausnahmefällen.
Wenn also ein verstorbener Ehemann als Erblasser festsetzen will, dass die Ehefrau nach dem Tod über das gemeinsame Haus allein verfügen soll, kann er Sie als Alleinerbin einsetzen. Außerdem ist ein Testament anzuraten, wenn der künftige Vererber ein hohes Vermögen angehäuft hat: "Je komplexer ein Vermögen ist und je schwieriger die Familienverhältnisse sind, desto wichtiger ist es, alles mit einem Testament zu ordnen und sich sachkundig dabei beraten zu lassen", sagt Claus-Henrik Horn, Fachanwalt für Erbrecht aus Düsseldorf.
Anfechtung des Testaments als Pflichtteilberechtiger
Kinder sind durch das Berliner Testament nicht automatisch enterbt. Sie können auf ihren Pflichtteil bestehen. Bei einem Einzelkind wäre dies die Hälfte des gesetzlichen Erbteils von 50 Prozent.
Neue Ehe?
Gelegentlich heiratet der länger lebende Ehepartner erneut. Auch im Fall einer neuen Ehe entfällt die Bindungswirkung aus dem früheren Ehegattentestament nicht automatisch. Der überlebende Ehegatte kann das alte Berliner Testament anfechten, weil es an einen Pflichtteilsberechtigten übergeht, wenn er oder sie dies rechtzeitig erklärt. Der neue Gatte sei durch die Ehe "Pflichtteilsberechtigt“ geworden.
Schriftform
Jeder Erbvertrag muss schriftlich festgelegt sein. Beim Berliner Testament bietet es sich an, dass ein Ehepartner das Testament handschriftlich aufschreibt, der andere muss allerdings mitunterschreiben. So wird dokumentiert, dass es sich um den gemeinsamen Willen beider Partner handelt.
Risiko
Wenn man ein Berliner Testament erstellt, sollte man sich bewusst sein, dass es schwerwiegende Konsequenzen hat, wenn die vielen Testierenden nicht bekannt sind. Zum Beispiel kann der länger lebende Ehegatte nach dem Tod des zuerst verstorbenen Partners keine anderen Personen als Erben einsetzen oder eine festgelegte Quote unter den Kindern umverteilen. Auch größere Schenkungen sind nicht erlaubt, da sie den als Nacherben eingesetzten Personen Vermögen entziehen würden. Um diese Einschränkungen zu umgehen, empfiehlt Horn, im ursprünglichen Berliner Testament festzulegen, dass der überlebende Ehegatte das Recht hat, die Erbquoten unter den anderen Erben zu verschieben. Dabei bleibt jedoch die Unsicherheit, ob der vorversterbende Ehegatte nicht von einem fremden Dritten als Erben eingesetzt wird.
Vorverstorbene Erblasser, Schenkungssteuer, Freibeträge, Zugewinngemeinschaften - Im Erbfall gibt es einiges zu beachten
Die vertragliche Reglung des Erblassers beugt Streitigkeiten im Erbfall vor. Sie trägt dazu bei, Vermögen gerecht zu verteilen, Konflikte zwischen Verwandten zu vermeiden und den Nachlass zu regeln. Insbesondere bei komplexen Vermögensverhältnissen und schwierigen Familienverhältnissen sollte man sich daher frühzeitig Gedanken machen und sich von einem Fachanwalt beraten lassen. Dabei sollte man auch die steuerlichen Aspekte wie zum Beispiel bei einer Schenkung und die Höhe des Freibetrags im Blick haben.
In jedem Fall sollte man sich bewusst sein, dass die gesetzliche Erbfolge im Zweifel gilt und ein Testament nur gültig ist, wenn es bestimmte Formalien des Erbrechts erfüllt. Außerdem kann man auch den Wert einer Immobilie im Erbvertrag festhalten und so beispielsweise verhindern, dass es zu steuerlichen Komplikationen kommt. Auch über den Pflichtteil und Pflichtteilsberechtigte sollte man sich Gedanken beim Aufsetzen eines Erbvertrages machen. Im Erbfall gibt es viele Punkte, an denen Streit unter Familie entstehen kann. Emotionen kochen hoch und ein Streit um eine Immobilie oder einen Erbanteil gilt es zu vermeiden. Man sollte sich also nicht zu spät um das Aufsetzen eines Testaments kümmern, um all dies vorzubeugen.
Quelle: Rheinische Post 23. November 2022